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Aktuelle Meldung



31.07.2007 - Kategorie: ELKRAS, LD online

LD ONLINE: »Gib uns deinen guten Geist, der uns stets zu Christus weist«




15 Jahre Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine

 

von Claus-Jürgen Roepke

 

Auszug aus dem »Lutherischen Dienst« 3/2007



LD 3/2007

Die Anfangsjahre – Foto: ELKiB

Bischof Georg Güntsch – Foto: DELKU

Im Jahr 2006 konnten acht Kinder- und Jugendlager durchgeführt werden – Foto: Drahn

Die St.-Pauls-Kirche in Odessa zu Beginn der Renovierung – Foto: Drahn

Partielle Unübersichtlichkeit und Verwirrung der Gemüter bestimmten bereits – wenn man der Pfingstgeschichte (Apostelgeschichte 2) Glauben schenkt – die Gründung der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. Auch die Wiedererrichtung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) vollzog sich 1992 unter teilweise chaotischen Umständen.

 

 

Ein Neuanfang nach Jahrzehnten der Unterdrückung

Es war ein winterliches Januarwochenende, an dem sich vor 15 Jahren die Vertreter der vier neu registrierten evangelischen Gemeinden in Kiew, Odessa, Lemberg und Dnjepropetrowsk im kalten Saal eines Kiewer Instituts zusammensetzten, um die Lutherische Kirche wieder neu zu gründen. Aus Riga war der greise Bischof Harald Kalninš angereist, um der Initiative seinen Segen zu geben. In seinem Gefolge befanden sich freilich einige abenteuerliche Gestalten, wie sie in diesen Umbruchjahren auch in den Kirchen überall ihr Unwesen trieben – ein Mann, der in einem Phantasiekostüm als Martin Luther auftrat, ein Schallplattenproduzent, der die schlichten ukrainischen Christenmenschen kommerziell zu instrumentalisieren versuchte, und ein junger Emporkömmling, der partout vom alten Bischof als Bischof inthronisiert werden wollte.

Viele Gemeindevertreter – aber auch die Gäste aus kleinen, noch nicht registrierten lutherischen Gruppen im Land – verfügten nur mehr über rudimentäre Reste des christlichen Glaubens. Wie sollte man da eine Kirche »gründen« – ohne Vorlage eines Statuts, ohne juristische Beratung, ohne jede Kenntnis von demokratischen Entscheidungsprozessen und ohne jede Erfahrung mit einer offenen, vertrauensvollen Rede- und Diskussionskultur? Als Führungspersönlichkeiten kristallisierten sich bald die aus Kasachstan zugereisten »Brüder« heraus: die Prediger Bendus und Rothärmel aus Lemberg sowie vor allem der jugendliche Predigersohn Viktor Gräfenstein aus Taldy Kurgan, der mit einer ganzen Gemeindegruppe nach Odessa umgesiedelt war.
Diese Männer kannten nicht nur die Bibel und die alten Lieder, sondern waren vor allem fest in der Tradition der Lutherischen Brüdergemeinden verwurzelt. Ihnen konnten die abenteuerlichen Gestalten aus St. Petersburg in keiner Weise imponieren. Und so gelang es doch, als Nachfolgerin der alten Lutherischen Kirche im Zarenreich hier für die Ukraine eine Nachfolgeorganisation zu gründen – die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine (DELKU). Und in einer fensterlosen Kammer eines Museumsdepots – heute die wiederhergestellte St.-Katharinen-Kirche in Kiew – segnete Bischof Kalninš Viktor Gräfenstein, der trotz seiner Jugend als geistliche Autorität anerkannt wurde, zum ersten Leiter der jungen Kirche ein. Seit dieser Stunde schließen bis heute viele Gottesdienste in der DELKU mit dem alten Segenslied der Russlanddeutschen, in dem es heißt: »Gib uns deinen guten Geist, der uns stets zu Christus weist«. Im Rückblick erkennen die Christen in der DELKU heute in der gelungenen Neugründung ihrer Kirche das Wirken des Heiligen Geistes.

Die Anfänge des Luthertums in der Ukraine gehen auf das ausgehende 18. und den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Damals riefen die Zaren für die neu erworbenen Landstriche entlang der Nordküste des Schwarzen Meeres Siedler ins Land. Zahlreiche Bauern und Handwerker vor allem aus Württemberg und der Pfalz gründeten hier in »Neurussland« Dörfer, und auch in den Städten ließen bald deutsche Kaufleute und Offiziere neue evangelische Gemeinden entstehen. Es wurden Kirchen gebaut – die St.-Pauls-Kirche in Odessa war mit 1200 Plätzen neben den Kathedralen in Moskau und St. Petersburg das drittgrößte lutherische Gotteshaus Russlands. Es gab ein eigenes Schulwesen, Waisenhäuser und Altersheime sowie gut geführte evangelische Krankenhäuser. Neuendettelsauer Diakonissen gründeten sogar unter den Schwarzmeerdeutschen Diakoniestationen und ein Diakonissenmutterhaus.

Auch die Kirchenmusik blühte. Obwohl das Leben draußen in den Dörfern hart war und die Pastoren den »sittlichen Zustand« der Gemeinden oft beklagten, kann man doch von einer lebendigen lutherischen Volkskirche in diesem Teil des alten Russlands sprechen.

Im Kampf des Kommunismus gegen die Religion ging in den Jahren nach der Oktoberrevolution auch die Lutherische Kirche Russlands unter. Opfer des Stalin-Terrors in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden auch zahlreiche Pastoren aus der Ukraine. Wer die Verschleppungen überlebt hatte, floh am Ende des Zweiten Weltkrieges mit den deutschen Truppen oder wurde nach Sibirien deportiert. Nur sehr wenige der 400.000 Ukrainedeutschen überlebten – angepasst und unerkannt – die Sowjetzeit in der Ukraine.

Der Zerfall der Sowjetunion eröffnete den Deutschen die Möglichkeit, in die Heimat ihrer Eltern zurückzukehren. In vielen Familien besann man sich auf die Verwurzelung in der deutschen Kultur. 1992 gab es im Vielvölkerstaat Ukraine wieder etwa 40. 000 Menschen, die als Nationalität deutsch angaben. Ihr Sammelbecken wurden die deutschen Kulturvereine »Wiedergeburt«.

 

 

Viele Steine auf dem Weg zur Kirchwerdung

Hier in der »Wiedergeburt« begannen die Menschen – vor allem in der Weihnachtszeit! – zu fragen: »Da war doch noch was? Unsere Eltern haben mit uns Lieder gesungen. Sie beteten. Sie gingen sonntags in die Kirche. Es gab Pastoren, die uns die Bibel erklärten.« So entstanden aus der »Wiedergeburt« erste Gruppen, die sich als Kirchengemeinden registrieren ließen. Heute rechnet die kleine Kirche mit etwa 40 Gemeinden und noch nicht registrierten Gemeindegruppen. Darunter befinden sich relativ stabile Gemeinden in den großen Städten wie Kiew, Odessa, Charkow und Lemberg, aber auch kleine Gemeinden auf der Krim und in der Ostukraine. Man schätzt die Zahl der Kirchenmitglieder heute auf etwa zehn Prozent der 40.000 Deutschstämmigen in der Ukraine.

Auf dem 15-jährigen Weg zur Kirchwerdung mussten diese Gemeinden viele innere und äußere Schwierigkeiten überstehen. Die ersten Jahre waren von einem harten geistigen Ringen bestimmt – zwischen denjenigen in der »Wiedergeburt«, die mehr deutsch als lutherisch sein wollten, und den bewusst kirchlichen Christen. Aber auch zwischen frisch gekürten Gemeindevorstehern, die sich kurzerhand das alte Kirchengebäude privat unter den Nagel zu reißen versuchten, und einer verschreckten Gemeinde, die die Schlösser auswechseln ließ und vor Gericht zog. Zu Auseinandersetzungen kam es auch zwischen den Predigern aus der Brüdertradition, denen einige aus Deutschland ausgeliehene Pastoren zu liberal erschienen, und diesen Pfarrern, die umgekehrt die Predigerbrüder als zu gesetzlich in ihrer Frömmigkeit ablehnten. So trennte sich Viktor Gräfenstein 1995 von der DELKU und gründete eine eigene Lutherische Brüderkirche in der Ukraine. Dessen ungeachtet ist bis heute viel vom lutherisch-pietistischen Erbe der Brüdertradition in der DELKU lebendig. Dass man sie im weltweiten Luthertum als kirchlich-konservativ einschätzt, empfindet man hierorts durchaus als Lob.

Bis weit in die 90er Jahre stellte die Auswanderung nach Deutschland ein permanentes Problem der jungen Kirche dar. Auf diese Weise verlor die Kirche immer wieder gerade auch gut gebildete und dynamische Mitglieder. Umgekehrt wuchsen Freunde und Familienangehörige mit russischem Hintergrund allmählich in die lutherischen Gemeinden hinein. Die Synode hat allerdings erst kürzlich bestätigt, auf die Bezeichnung Deutsch im Namen der Kirche nicht verzichten zu wollen. Sie will sich als Lutherische Kirche deutscher Tradition verstehen. De facto freilich werden die Gottesdienste überall zweisprachig gefeiert, und Russisch ist inzwischen die Umgangssprache in den Gemeinden. Auch ein solcher Übergang muss sorgfältig und bewusst gestaltet werden.

Im Gründungsjahr gab es kein einziges Gotteshaus, in dem sich eine lutherische Gemeinde zum Gottesdienst hätte versammeln können. Man wanderte sonntags mit Bibel und Kelch, Kreuz und Kerzenleuchter durch Kultur- und Schulsäle, die angemietet wurden. Als sich der Staat entschloss, ehemalige »Kultgebäude« an die früheren Besitzer zurückzugeben, stand die junge Kirche vor einer kaum zu lösenden Herausforderung. An einigen Orten mussten Ruinen wieder aufgebaut werden – wie in Schlangendorf und in Dnjepropetrowsk. An anderen mussten die erhaltenen, aber als Museumsdepot bzw. Turnhalle genutzten Kirchen aufwändig restauriert werden (Kiew und Nikolajew). Und an wieder anderen Orten mussten Wohnungen oder Datschen gekauft werden, um sie als Gemeindezentrum umzubauen. Hierzulande, wo wir seit Jahrhunderten mit einem dichten Netz von Gottes- und Gemeindehäusern gesegnet sind, kann leicht übersehen werden, wie wichtig es für eine christliche Gemeinde ist, einen eigenen, festen Treffpunkt und besonders auch einen »heiligen Ort« für den Gottesdienst zu besitzen. Der Glaube braucht die Beheimatung auch in Räumen. Inzwischen verfügen die meisten ukrainischen Gemeinden über geistliche Zentren.

Mit Holz und Stein allein kann man freilich nicht Kirche bauen. Von Anfang an mussten Menschen gesucht und ausgebildet werden, die die weit verstreuten Gemeinden um das Wort Gottes sammeln und geistlich betreuen konnten. Denn gerade die kleinen Gemeinden können – wie das auch schon in der Zarenzeit war – nur einmal im Monat vom Pastor besucht werden, der dann mit der Gemeinde auch das Heilige Abendmahl feiert. In den Jahren 1995 bis 1997 legte der frühere bayerische Diakoniepfarrer Walter Klinger als Leiter der Kirche daher den Grund für ein Aus- und Fortbildungssystem, das ganz der Situation angepasst war. Seit dieser Zeit gibt es regelmäßig Kurse für Prädikanten, Prediger und Gemeindeleiter. Unter diesen sind überwiegend engagierte und couragierte Frauen, so dass sich die DELKU praktisch – auch wenn nur Männer den Pastorendienst wahrnehmen – als Frauenkirche präsentiert. Immer wieder einmal werden junge Männer zur Vorbereitung auf den Pastorendienst ins Seminar nach St. Petersburg oder an eine lutherische Ausbildungsstätte in Polen geschickt. Zur Pfarrkonferenz, die nun seit vielen Jahren regelmäßig unter der Leitung des Bischofs zusammenkommt, gehören rund 15 Pfarrer, unter ihnen fünf aus Bayern.

Klingers Nachfolger, der Neuguinea-Missionar Gerd Sander, legte in den Jahren 1997 bis 1999 großen Wert auf die missionarische Verkündigung und die Seelsorge. Noch heute besucht er regelmäßig die ostukrainischen Gemeinden als »Reisepastor«. Von 1999 bis 2005 stand Dr. Edmund Ratz, der heutige Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und in Mittelasien (ELKRAS), der DELKU vor. In seine Zeit fielen die Wiedereinweihung der Katharinen-Kirche in Kiew und der Umbau des ehemaligen Altersheimes in Odessa in ein modernes Kirchenzentrum. Hier schlägt heute das Herz der DELKU, denn in dem geräumigen, schönen Gebäude können die Synoden tagen und Fortbildungskurse stattfinden. Hier befindet sich die kleine Kanzlei der Kirche, und hier arbeiten, wohnen und leben auch seit anderthalb Jahren der neue Bischof Georg Güntsch und seine Frau.

Gästezimmer unter dem Dach, die auch an deutsche Gruppen vermietet werden, sorgen für Eigeneinnahmen der kleinen Kirche, was die Freunde in Bayern entlastet.

 

 

In Begleitung verlässlicher Freunde

Denn – das darf nun doch gesagt werden – ohne diese treuen Freunde hätte es der Heilige Geist bei der Kirchengründung in der Ukraine noch wesentlich schwerer gehabt. Dass die DELKU heute im Kreis der ELKRAS-Mitgliedskirchen einigermaßen stabil ist, verdankt sie auch ihrer Partnerschaft mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Erwachsen ist die Kirchenpartnerschaft aus den ukrainisch-bayerischen Städtepartnerschaften – etwa zwischen Kiew und München, Charkow und Nürnberg, Odessa und Regensburg. In Ergänzung zu diesen Gemeindebeziehungen unterstützte die Ökumeneabteilung im Münchner Landeskirchenamt von Anfang an kontinuierlich den Aufbau der jungen Kirche.

Dabei ging es keineswegs nur um Geld für den Wiederaufbau der Kirchen und den Ankauf von Gemeindehäusern. Wesentlicher noch war die Beratung beim geistlichen Wiederaufbau der Kirche. Nachdem die ersten Gottesdienste eher freikirchlichen Predigtversammlungen als einem lutherischen Gottesdienst glichen, erarbeitete man gemeinsam in Odessa und München eine zweisprachige lutherische Gottesdienstordnung. Es wurde das System der Lesepredigten entwickelt, so dass die Gemeindeleiterinnen in die Lage versetzt wurden, den Sonntagsgottesdienst auch in der kleinsten Gemeinde zu feiern. Vor einigen Jahren verfasste die Pastorenkonferenz ein theologisches Papier zum lutherischen Abendmahlsverständnis, das auch in Bayern Beachtung fand. So profilierte sich die DELKU in der geistlichen Gemeinschaft mit ihren Schwestern und Brüdern aus Bayern immer erkennbarer als eine lutherische Kirche. Heute sind die fünf Pfarrer aus Bayern und die bayerische Diakonin auf der Krim unter der geistlichen Leitung des früheren Dekans von Castell fest in die Gemeinschaft der Pfarrkonferenz eingebunden. Angesichts des sehr unterschiedlichen theologischen Hintergrunds der in der DELKU tätigen Pfarrer ist das ein Segen für die Gemeinden dieser weit verzweigten Diaspora.

Hilfe leisteten die Bayern aber auch beim organisatorischen Aufbau der jungen Kirche in der Ukraine. So wurde etwa das Statut der DELKU von Juristen in München gegengelesen, so dass die DELKU heute – anders als manche andere ELKRAS-Kirche – über eine klare und praktikable Verfassung verfügt. Auch im selbständigen und verantwortlichen Umgang mit dem Geld kann die DELKU heute als vorbildlich gelten. Die Kenntnisse einer sauberen Buchhaltung und der Führung eines kleinen Haushaltes verdankt die Kirche einem fleißigen jungen Kirchenrat im Münchner Landeskirchenamt. Dieser reiste jahrelang nicht vorrangig zur Prüfung an, sondern entwickelte die entsprechenden Programme selber zusammen mit ukrainischen Mitarbeitern in stundenlangen Computersitzungen vor Ort. Diese sehr konkrete Partnerschaft bewährte sich auch an anderen Stellen immer dann, wenn die DELKU mangels eigener kirchlicher Gesetze oder Ordnungen organisatorische und dienstrechtliche Fragen zu lösen hatte und sich erkundigte, »wie das denn die Bayern handhaben«. Dass man dabei in Bayern bestimmte theologische Grundsatzentscheidungen der DELKU immer respektiert hat, zeigt nichts deutlicher als die Frage der Frauenordination, die das Statut der Kirche nicht vorsieht, die den Ukrainern aufzuoktroyieren aber die Münchner immer unterlassen haben. So konnte in dieser Partnerschaft Vertrauen wachsen.

Dasselbe Vertrauen bestimmt auch die Beziehung der DELKU zu unserem Martin-Luther-Bund. Bei vielen »kleineren« Anfragen – wie z.B. der finanziellen Unterstützung des Einsatzes von Ruheständlern in der einen oder anderen Gemeinde – hilft der Martin-Luther-Bund selbstverständlich. Eine besondere Aktion war die Diasporagabe des Martin-Luther-Bundes 2001. Damals ging es um die Herrichtung des schon erwähnten Kirchenzentrums in Odessa. Über 63.000 EUR sammelte der Freundeskreis des Martin-Luther-Bundes für die Einrichtung und Gestaltung des Gottesdienstraumes – ein eindrucksvolles Zeugnis gelungener Partnerschaft für die Gottesdienstbesucher, die dort jeden Sonntag zusammenkommen.

Seit einigen Jahren bemüht sich die DELKU verstärkt um die heranwachsende Generation und den Aufbau der diakonischen Arbeit in den Gemeinden. Im vergangenen Jahr fanden mehr als acht Kinder- und Jugendlager statt.
In ihrer bewusst evangelistischen Zuspitzung stellen sie den Versuch dar, in einer weithin entchristlichten Gesellschaft jungen Menschen das Evangelium von Jesus Christus nahezubringen und ihnen in der Gruppe und Gemeinde eine tragfähige Hilfe für ihr Leben anzubieten. In diesem Jahr fanden die ersten Konfirmationen von Teilnehmern dieser Sommerlager statt.

Auch den Aufbau diakonischer Strukturen treibt man in der DELKU seit einigen Jahren verstärkt voran. Und nicht unerwähnt darf bleiben, dass auch die Kirchenmusik – wie es sich für eine lutherische Kirche gehört – in den Gemeinden der DELKU eine große Rolle spielt. Zwar lässt das neue zweisprachige Gesangbuch der ELKRAS, das aus St. Petersburg wiederholt angekündigt wurde, noch auf sich warten. So behilft man sich weiter mit dem einst in unserem Martin-Luther-Verlag gedruckten Gesangbuch. Doch in vielen Gemeinden sitzen eifrige Musiklehrerinnen am Klavier und dirigieren einen kleinen Chor. Und in Kiew und Odessa, wo es auch »richtige« Orgeln gibt, existieren sogar zwei renommierte Kirchenchöre. Diese haben selbst vor den Bach’schen Oratorien und Passionen keine Angst und stoßen bei Konzerten in Deutschland auf höchste Anerkennung. Vor einem Jahr gab es im Kirchenzentrum von Odessa sogar ein erstes Seminar für Kirchenmusikerinnen. Schließlich gibt die DELKU ein eigenes, kleines »Sonntagsblatt« heraus, das in einer Auflage von 500 Exemplaren mehrmals im Jahr seinen Weg von Odessa in die Gemeinden nimmt. Auch dieser publizistische Versuch trägt dazu bei, dass in der DELKU langsam ein eigenständiges Gemeinschaftsbewusstsein entsteht.

 

 

Im Vertrauen auf Gottes guten Geist

Die größte Herausforderung, vor der die DELKU gegenwärtig steht, ist der Wiederaufbau der St.-Pauls-Kirche in Odessa. Die Ruine der Kircha soll als kombiniertes Kirchen-, Begegnungs-, Kultur- und Bildungszentrum wieder neu erstehen. Die bayerische Partnerkirche, das Bayerische Sozialministerium und die Bundesregierung wollen das große Projekt gemeinsam schultern. Auch auf andere kirchliche Partner – wie das Gustav-Adolf-Werk und unseren Martin-Luther-Bund – ist die DELKU bereits zugegangen. Die Planungen sind abgeschlossen und die Bauarbeiten haben begonnen. Aber auch 15 Jahre nach ihrer Neugründung ist die kleine lutherische Kirche in der Ukraine auf den Beistand des Heiligen Geistes angewiesen – nicht nur bei der Bewältigung des Bauprojektes in Odessa, sondern vor allem in ihrem Zeugnis und Dienst unter Menschen, die nach wie vor in ihrem Alltag »wenig zu lachen haben« und die nach Gott Ausschau halten.

Und darum wird auch weiterhin der Lieblingschoral der ukrainischen Lutheraner immer wieder am Ende des Gottesdienstes erklingen: »Gib uns deinen guten Geist, der uns stets zu Christus weist«.



Claus-Jürgen Roepke ist Präsident des Martin-Luther-Bundes und war als Oberkirchenrat der bayerischen Landeskirche lange Jahre für die Beziehungen zur Ukraine zuständig.


Auszug aus dem »Lutherischen Dienst« 3/2007. Wenn Sie die weiteren Artikel mit Berichten über die Situation in Sibirien oder über den 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln, mit einem Interview mit dem Bischof der Schlesischen Evangelischen Kirche A.B. in der Tschechischen Republik, Dr. Stanislav Piętak, oder mit einer Erinnerung an Peter Schellenberg, den früheren Generalsekretär des Martin-Luther-Bundes, dessen Todestag sich am 28. September 2007 zum zehnten Mal jährt, lesen möchten, bestellen Sie den »Lutherischen Dienst« kostenlos.