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Aktuelle Meldung



14.01.2013 - Kategorie: Italien

ITALIEN: Alberto Saggese †




Am 13. Dezember 2012 verstarb in Rom Pfarrer Alberto Saggese im Alter von 69 Jahren. Neben seinem Dienst in Santa Maria la Bruna, Torre del Greco, Neapel und Nürnberg war er lange Zeit ein wichtiger Teil der Redaktion von »Insieme/Miteinander«, der Zeitschrift der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien. Zu seinem Gedenken zitieren wir aus eben dieser Zeitschrift, Ausgabe 1/2013, das Dekanswort von Holger Milkau:



Wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir (Hebräer 13,14)

 

Die Jahreslosung 2013 rückt den Gedanken an Endlichkeit und an das Ziel des Lebens in den Blick. Wenn auch am Beginn des neuen Jahres, laden diese Worte ein, zurück zu schauen, zu erinnern, zu gedenken. Wir gedenken unseres im Dezember 2012 verstorbenen Kollegen und Mitbruders Pfarrer Alberto Saggese. Bei der Trauerfeier für ihn am 18. 12. stand das Evangelium vom verlorenen Sohn im Mittelpunkt. Es ist eine Geschichte vom Suchen, vom Aufbrechen und Fortgehen, eine Geschichte von Umkehr und Heimkehr.

Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet’s; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein (Lukas 15,10–24).

Ein berührendes Bild in der Erzählung ist das des barmherzigen Vaters, der den Tisch decken und ein Fest feiern lässt – aus Freude über seinen zurückgekehrten Sohn. In dieser Geste werden die Schönheit und der Friede des Reiches Gottes verkörpert. Gegen alles, was wir sonst an Hässlichem und Bösem in unserer Mitte wahrnehmen, bereitet Gott einen Tisch und versorgt uns mit dem, was wir zum Leben brauchen. Gott schenkt uns Vollkommenheit, wo wir uns zerbrochen und angefochten fühlen. Er gibt uns Zeichen der Anerkennung und der Wertschätzung. Er richtet uns auf und stützt uns. Mit offenen Armen läuft der Vater dem Sohn entgegen und nimmt ihn an.

Das Evangelium ist die Wirklichkeit, die unseren schlechten Erfahrungen entgegen steht. Aber nicht so, dass es unser Unvermögen korrigieren und uns klein machen will. Nein, das Evangelium unterstreicht die Barmherzigkeit, das Mitleid als siegreiche Kraft Gottes, der uns gegenüber voller Liebe und Geduld ist. Diese Verheißung findet einen Widerhall im Leben.

Eine macht sich auf und geht. So wie jeder Mensch in gewissem Sinn, in einem gewissen Moment sich aufmacht und geht. In eine Zukunft hinein, die vielleicht vielversprechend ist, vielleicht aber auch unsicher und voller unerwarteter Ãœberraschungen. So machte sich auch Alberto Saggese auf, und ging.

Er wurde am 18. März 1943 als erster Sohn von Doktor Eliseo Saggese und dessen Frau Ada Colitti in Campobasso geboren, gemeinsam mit seinem Bruder Lello wächst er in Torre del Greco auf.

Sein Glaubensweg war durch die Gegenwart von Idelmo Poggioli in Torre Annunziata bestimmt. Mit 17 Jahren war er erstmals mit der Kirche der Reformation in Kontakt geraten, und zwar durch den Schulunterricht, der für Alberto nicht besonders befriedigend war, denn alles was nicht katholisch war, wurde damals abwertend und verfälscht dargestellt. Als er sich intensiver mit Luther beschäftigte, stieß Alberto auf die Ortsgemeinde, wo er auch blieb, bis er sich eines Tages entschloss, Theologie zu studieren. So machte sich der junge Student auf, und ging – um sein Glück herauszufordern und es zu finden: in Deutschland.

Alberto hat zuerst in Rom an der Waldenser-Fakultät studiert, dann in Erlangen und Heidelberg. Nach den Examina an der Universität machte er sein Vikariat (in Torre Annunziata, Neapel und Bayreuth), um sich dann nach drei Jahren bei der Bayerischen Landeskirche zum kirchlichen Examen vorzustellen. Saggese war dann Pfarrer in Santa Maria la Bruna und Torre del Greco, dann in Neapel und von 1988 bis 1993 in Nürnberg-Langwasser.

Schon zu Beginn seiner Ausbildung trifft Alberto seine Frau Katharina, die ihn fortan begleitet. Die zwei lernten sich 1965 kennen; vier Jahre später werden sie von Idelmo Poggioli in Torre Annunziata getraut. Die Söhne Marco und Luca werden geboren.

Nach Italien zurückgekehrt, arbeitete Pfarrer Saggese in der Waldenserkirche und versorgt die Gemeinden in Brindisi und Latiano. Nach drei Jahren ging er ins Dekanat in Rom als theologischer Berater und Beauftragter für die Beziehungen zu den Ministerien.

Die Rückkehr von Alberto in seine Herkunftskirche, in die ELKI, war nicht so leicht und einfach. In der Tat habe ich ihn in den letzten Jahren seines Dienstes öfter niedergeschlagen und resigniert erlebt. Es war unsere Schuld als Kirche, dass wir noch nicht in der Lage waren, bestimmten Bedürfnissen im Personalbereich gerecht zu werden. So sollen und können wir an diesem Sarg einsichtig werden.

Einer machte sich auf und ging. Anders als es der barmherzige Vater des verlorenen Sohnes tut, sind wir Menschen oft nicht in der Lage unseren Nächsten die Wertschätzung, die Herzlichkeit zu schenken, die sie verdienten. Das geschieht in allen Bereichen. Demnach ist die Verheißung und die Vorsehung von der wir im Evangelium hören auch eine Art Aufforderung an uns. Einer machte sich auf, und ging.

Alberto diente seiner Kirche mit Kompetenz, würdevoll und mit einem gewissen unvergleichlichen Humor; er wirkte meist unbeteiligt, aber im selben Moment leidenschaftlich und voller Liebe für seinen Beruf. Er war eine der Säulen in der Redaktionsarbeit unserer Zeitschrift Insieme/Miteinander. Nach über 40 Jahren Pfarrdienst ging er in Pension.

Mit seinen Gefühlen war Alberto eher zurückhaltend, aufrecht und ehrlich, voller Freude am Leben und vertrauenswürdig. Ein Kollege, der uns fehlt, auch weil er in der Lage war, großzügig mit den anderen zu sein; einer, der die eigene Freiheit mochte, und den eigenen Frieden. Und Alberto gönnte diese Freiheit und diesen Frieden auch den anderen. Er lebte sein Leben und hat nicht an den Tod gedacht. Er hat auch die Tage voller Schmerzen und Erniedrigung mit Geduld und großer Bescheidenheit getragen, ohne Klage und Vorwurf.

Alberto Saggese schließt seine Augen für immer am Abend des 13. Dezember 2012 in Rom. Er hat sich also aufgemacht und ist zu seinem Vater gegangen â€¦

So wie wir alle eines Tages, er machte sich auf und ging, fast ein bisschen überrascht; vielleicht zögernd und mit sorgenvollen Empfindungen, ähnlich denen des verlorenen Sohnes. Der Sohn fühlt sich noch so weit weg von seinem Vater, weit weg von Gott. Aber Gott sieht ihn, sieht auch uns. Was für den Sohn galt, das können auch wir glauben: Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

Wir vertrauen unseren verstorbenen Bruder Alberto Saggese der Barmherzigkeit Gottes an, die all unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Er geleite ihn in den Frieden der zukünftigen Stadt, in Christus Jesus.

Holger Milkau

 

Eine sehr persönliche Erinnerung von Anna Belli an Pfarrer Saggese finden Sie im Internet auf der Seite der » Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien.