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15.12.2003 - Kategorie: Estland

ESTLAND: Eine Botschaft zu Weihnachten




Weihnachten – die Bestätigung von Gottes ewigem Bund

Aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Estland (EELK) erreichte uns im Advent der Weihnachtsbrief von Propst Tiit Salumäe aus der Propstei Lääne in der EELK.



Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!
Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen,
euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.
Suchet den Herrn, solange er zu finden ist;
rufet ihn an, solange er nahe ist.
Jesaja 55, 3.6

Im Bezug auf die modernen politischen Verträge und auf Verträge, die auf dem Arbeitsmarkt geschlossen werden, scheint es unglaublich, daß ein Vertrag ewig gelten könnte.
Ein vernünftiger Mensch der heutigen Zeit wird eine solche Vertragsform nicht ernst nehmen und die Worte von Jesaja aus der Zeit von vor zweitausend siebenhundert Jahren werden ihm nicht glaubwürdig erscheinen. Politische Vereinbarungen und Koalitionen sind in Wirklichkeit sehr brüchig und angreifbar. Laut Umfragen sehnen sich die Kinder der heute am meisten nach einem Sicherheitsgefühl.
Bei den Erwachsenen ist es nicht anders. Die Unsicherheit gegenüber der Zukunft ist einer der Streßfaktoren, der die Menschen unserer Zeit geradezu krank macht. Die Arbeitsstelle und der Beruf, den man lange Jahre behalten wollte, endet über Nacht wegen einer betrieblichen Umstrukturierung oder einer Änderung auf dem Arbeitsmarkt. Die zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Beziehungen sind immer konsumgezielter und kurzfristiger.
Es fehlt die Sicherheit für morgen, geschweige denn über den morgigen Tag hinaus und die langfristige Zukunft. In Estland fand erst kürzlich eine sehr scharfe Diskussion über einen gesamtgesellschaftlichen Vertrag zwischen verschiedenen Parteien, Vereinigungen und der Kirche statt. Größere politische Kräfte haben ihren Unwillen geäußert, sich an langfristige Verträge zu binden. Im Zusammenhang mit der alltäglichen Erfahrung ist die Rede von einem ewigen Bund für den modernen Menschen entweder veraltet oder es stammt »von einem anderen Planeten«. Auf jeden Fall ist es für ihn sehr schwer verständlich, er kann mit dem Wort »ewig« nichts mehr verbinden.
Der heilige Kirchenvater Tertullianus, der im zweiten Jahrhundert nach Christus gelebt hat, hat gesagt: Credo, quia absurdum est (ich glaube, weil es unsinnig ist). Tertullianus wollte mit diesem Aphorismus wahrscheinlich ausdrücken, daß die Unwahrscheinlichkeit oder die begriffliche Anomalie einer Sache noch nicht ihre Glaubwürdigkeit ausschließt.
Andererseits: wenn Gott sagt, er schließe mit uns einen ewigen Bund, bedeutet es nicht, daß der Vertrag mittels eines demokratischen Prozesses zwischen Gott und dem Menschen ausgehandelt wurde. Gott und Mensch sind keine gleichberechtigten Vertragspartner. Gott schließt diesen Bund mit seiner Vollmacht und aufgrund seiner Liebe für die Menschen, die durch Jesus Christus bestätigt wurde. Durch diesen Bund nimmt Gott den Menschen für alle Zeiten unter seine Vormundschaft und überläßt ihn nicht dem Teufel. Diesen Bund verkündet der Engel im Weihnachtsevangelium: »Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids« (Lukas 2,10–11).
Weihnachten birgt in sich etwas uraltes, von Ewigkeit zu Ewigkeit, aber auch das sehr persönliche: mir ist der Heiland geboren. Dies ist meiner Meinung nach ein Teil vom Weihnachtsmysterium, den wir jedes Jahr erneut erfahren dürfen. Es gibt eine andere Weihnachtserfahrung für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und alte Menschen. Es ist wunderbar, daß die Erfahrung so unterschiedlich sein kann und doch für alle erkennbar ist – das ist der ewige Bund. Ich wünsche mir und bete darum, dass wir alle uns in der Vorbereitung und im Feiern von Weihnachten 2003 etwas ewiges und etwas mystisches leisten könnten. Es begleite uns im neuen Jahr das Wort Gottes:
»Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen« (Markus 13,31).

Tiit Salumäe
Propst der Propstei Lääne der EELK